Fisch essen - mit gutem Gewissen

Die Weltmeere sind gnadenlos überfischt. Auch Fischzuchtanlagen bergen ökologische und gesundheitliche Probleme. Kann ich überhaupt noch guten Gewissens Fisch essen? Und auf welche Fische sollte ich am besten zurückgreifen, wenn ich die Fischbestände nicht gefährden will?

Probleme durch Überfischung und Aquakultur


Laut der Welternährungsorganisation FAO sind fast 30 Prozent aller Speisefischbestände weltweit überfischt oder erschöpft. 60 Prozent werden bis an ihre Grenze genutzt. Dadurch sind viele Fischarten und Fangregionen in ihrem Bestand höchst gefährdet. Doch nicht nur die Fische, die die Menschen essen, sind bedroht: 40 Prozent dessen, was aus dem Meer geholt wird, ist Beifang. Darunter sind oft gefährdete Tierarten wie Delphine und sehr oft gerade Jungfische, die für den Fortbestand ihrer Art von existenzieller Bedeutung sind.
Doch gibt es hier keine Beschränkungen? Die gibt es, doch sind sie viel zu lasch. Die rechtlich vorgegebenen Fangquoten liegen 29 Prozent über den wissenschaftlichen Empfehlungen für nachhaltige Fangmengen. Sich auf politische Vorgaben oder gar eine Selbstregulierung des Marktes verlassen zu wollen, erscheint utopisch – der Verbraucher muss aktiv werden.

Ist die Fischzucht eine Alternative zum Wildfang? Aquakulturen, also Zuchtanlagen für Fische, haben nicht die Probleme der Fischerei, doch auch dort ergeben sich ökologische und gesundheitliche Probleme. Das Futter besteht oft aus Fischmehl, das aus Wildfisch gemacht wird. Für dieses muss sogar noch mehr Wildfisch verarbeitet werden, als nachher aus der Aquakultur entnommen wird. Außerdem werden in den Anlagen oft viele Antibiotika eingesetzt, die schließlich auf unserem Teller landen.

 

Foto: © Brian j. Skerry / National Geographic Stock / WWF

Auf Herkunft und Fangmethode achten


Gibt es aber auch Speisefische, bei denen sich diese Probleme nicht stellen? Welchen Fisch sollte ich essen, wenn ich nicht auf diesen verzichten, jedoch nachhaltig handeln möchte?
Zunächst einmal: Es gibt nur sehr wenige Fischarten, bei denen sich diese Fragen knapp und pauschal beantworten lassen.
Eine erste Orientierung können Siegel von unabhängigen Organisationen bieten. Das MSC-Siegel (Marine Stewardship Council) gibt einen Hinweis auf nachhaltige Fischerei bei Wildfisch. Für Fische aus ökologischer Aquakultur ohne Gentechnik  gibt es Siegel von Bioland, Naturland und das ASC-Siegel (Aquaculture Stewardship Council). Jedoch kann Greenpeace keines der Siegel uneingeschränkt empfehlen.
Bei den meisten Fischen ist es wichtig, genau auf die Art, die Herkunft und Fangmethode zu achten – dies macht den entscheidenden Faktor aus. Die Fangmethode ist besonders bei Meeresfischen wichtig, denn Treib- und Schleppnetze holen beispielsweise oft viel Beifang ein, Grundschleppnetze können den Meeresboden zerstören.

Ratgeber für unterwegs


Sich jeden Fisch samt Fanggebiet zu merken, ist kaum möglich.
Aber es gibt Hilfe: Die beiden Umweltorganisationen Greenpeace und WWF geben regelmäßig aktualisierte Einkaufsratgeber zu Fisch heraus (siehe links), die in kompakter und übersichtlicher Form Informationen über nachhaltigen Fischkonsum bieten. Neben ausführlicheren Online-Ratgebern - der WWF bietet online zusätzlich noch einen Sushi- Ratgeber - gibt es die Ratgeber aber auch im kleinen Format fürs Portemonnaie. Sie sind auch als App für das Smartphone nutzbar, so dass die Verbraucher*innen gleich unterwegs beim Einkauf nachschauen können.

So funktionieren die Ratgeber beim Einkauf


Wie gehe ich vor? Zunächst einmal sollte der Blick auf das Fisch-Etikett fallen, das folgende Angaben enthalten sollte: Name, lateinischer Name, Fanggebiet und Subfanggebiet, Fangmethode, Code (zum genauen Nachverfolgen der Herkunft).
Anschließend ein Blick in den Einkaufsratgeber nach dem Fischnamen. Dort steht, ob der Fisch entweder ohne Einschränkungen empfohlen oder von ihm abgeraten wird. In den meisten Fällen ist kann die Art nur aus einem bestimmten Fanggebiet oder mit einer bestimmten Fangmethode beziehungsweise aus einem bestimmten Region der Aquakultur oder einer bestimmten Aquakultur-Methode empfohlen werden.
Zwei Beispiele: Hering ist grundsätzlich eine gute Wahl, allerdings nicht, wenn er aus dem Nordostatlantik (FAO-Gebiet 27) oder innerhalb des Fanggebiets Nordwestatlantik (FAO 21) aus einem der Subfanggebiete Bay of Fundy, südlicher Sankt-Lorenz-Golf oder Westkpüste Neufundland stammt. Von Lachs ist als Wildfang wie auch in Aquakultur abzuraten. Außnahm ist Lachs, der im Nordwestpazifik (FAO 61) in Iturup oder Sachalin mit Fallen oder im Nordostpazifik (FAO 67) im Golf von Alaska mit Ringwaden, Schleppangeln oder Stellnetzen gefangen wurde.

Karpfen statt Kabeljau


Aus ökologischer Sicht zu vertreten sind beispielsweise: Karpfen, Bachforelle und Regenbogenforelle aus europäischer Aquakultur, mit Einschränkungen zu empfehlen sind etwa Sprotten und Dorsche aus der Ostsee, Karpfen oder Wels aus europäischer Zucht oder Eismeergarnelen.
Der Karpfen ist dabei der einzige Fisch, den auch Greenpeace für uneingeschränkt vertretbar hält. Er stammt aus, oft regionaler, Aquakultur, und wird nicht mit zu Futter verarbeiteten Wildfischen gefüttert.
Nicht zu empfehlen sind unter anderem: Aal, Alaska-Seelachs (Pollack), Kabeljau aus der Nordsee, Makrele, Rotbarsch, Schillerlocke, Seelachs (außer aus Island im Nordostatlantik / FAO 27), Seeteufel, Seewolf, Seezunge, die meisten Thunfisch-Arten und  Wolfsbarsch. Hier sind die Bestände enorm gefährdet.

Foto: © Erling Svensen / WWF-Canon

Auch morgen noch gesunden Fisch


Möchten Verbraucher*innen auf die gesundheitlichen Vorteile von Fisch (siehe dazu Seite 10) nicht verzichten, aber sicher gehen, nicht ganze Fischpopulationen zu gefährden, sollten sie die Ratschläge der Einkaufsratgeber beherzigen. Aus Sicht der lokalen Lebensmittelversorgung empfehlen sich hier in der Region zum Beispiel Rhöner Bachforellen, und auch Karpfen gibt es noch manchmal in der Rhön. Fisch sollte aber aus ökologischer Sicht genau wie anderes Fleisch Ausnahme und nicht Regel sein.

 

Links:

 

Fischratgeber von Greenpeace

Fischratgeber des WWF

 

 


Markus Weber
printzip Mai 2016

in36.de

 

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