Die Zukunft der Langebrückenstraße 14 in Fulda

Die Bürger*innen-Initiative Langebrückenstraße 14 (BI L14, printzip berichtete in der September-Ausgabe) hat ein Konzept zur Zukunft des Areals in Fulda erarbeitet. Dabei haben die Beteiligten versucht, sowohl das Interesse der über 20 Vereine und Projekte, die das Gelände zurzeit nutzen, zu wahren als auch Ideen für die neuen Investoren, die das Areal im August gekauft haben, zu entwickeln.

Bürgerinitiative Langebrückenstraße 14 Fulda
Die Bürger*innen-Initiative Langebrückenstraße 14 stellte am 13. Oktober ihr Konzept für die Zukunft des Areals in Fulda der Öffentlichkeit vor. V.l.n.r.: Elvira Schulenberg, Verena Schulenberg, Thorsten Mager, Caroline Strobel, Günter Pfeffer

 

Das Konzept sieht vor, sozialen Wohnungsbau und die vielfältigen Projekte aus den Bereichen Kultur, Food und Nachhaltigkeit unter einen Hut zu bekommen und Interessen miteinander zu verknüpfen, um „ein ökologisch nachhaltiges, barrierefreies, interkulturelles und sozial integratives Quartier zu gestalten, das Wohn-, Geschäfts- und Lebensraum für alle Bevölkerungs- und Einkommensschichten bietet“, wie es in dem Handout zum Konzept heißt.

Räume für die Projekte und Mischnutzung


Für die BI L14 und die verschiedenen Projekte vor Ort ist es das Kernanliegen, das Areal künftig weiter gemeinsam nutzen zu können. „Ich finde eine Gemeinschaft vor, die Freizeit, Kultur, Sozialarbeit, Lebenshilfe praktiziert. Alles läuft ohne Vorschriften, unaufgeregt, vieles wird improvisiert. Resignation: nein! Prinzip: Nachbarschaftshilfe, Ideenreichtum! Fast alles wird auf Basis von Eigeninitiative und Gemeinnützigkeit geleistet“, schildert Günter Pfeffer. Er betreibt seit drei Jahren auf dem Gelände eine Werkstatt und einen kleinen Laden für Möbel und Alltagsdinge, um sich seine Rente aufzubessern.
Diese von gegenseitiger Hilfe geprägte Situation möchte die BI L14 wenn nur irgend möglich erhalten. Das Kino 35, das Café Panama sowie die Räume des Repair Cafés „Erneuer:Bar“, der Nähbar, des Kleidertauschladens, der Siebsdruckwerkstatt und der Gelben Rübe sollen daher in ihrer bisherigen Nutzung erhalten bleiben, ebenso im anderen Teil des Gebäudekomplexes die Räume von Youropa mit dem Underground.
Auf dem 7.500 qm großen Gelände könnte es aber künftig eine Mischnutzung geben mit Werkstätten und Ateliers, kulturellen und sozialen Projekten, neu gebauten Wirtschaftsflächen (Praxen, Büros, Dienstleistungen) und neu zu schaffendem Wohnraum für untere bis mittlere Einkommensschichten sowie einem Hostel und einem Cafe. In dieser vielfältigen Nutzung würden Austausch unter den Nutzer*innen und Mitgestaltungsmöglichkeiten für Bürger*innen erhalten bleiben, vielleicht gar noch stärker erfolgen.

 

Hostel und Café – Brücke in die Innenstadt

 

Im zur Langebrückenstraße gelegenen Vorderhaus, das seit zwei Jahren leer- und unter Ensembleschutz steht, ist ein Nutzungsmix von Wohnen und Arbeiten vorgesehen. Die Projektgruppe der BI L14 hat dabei die Idee eines Hostels mit dem Namen „Brückenschlag“ entwickelt. In einem Neubau in diesem Bereich könnte dieses von einem karitativen Träger betrieben werden. In dem Hostel soll es die Möglichkeit zur Ausbildung und Qualifizierung für Geflüchtete, Langzeitsarbeitslose oder Behinderte geben. Auch sollen sie dort übernachten können. Es soll ein integrativer, inklusiver Betrieb entstehen. Okologische Kriterien und Nachhaltigkeit würden beim Bau und bei der  Einrichtung des Hostels (zum Beispiel mit mit Second-Hand-Möbeln und Recycletem) berücksichtigt. Künstler*innen könnten bei der Einrichtung helfen, die ansässigen Werkstätten und Vereine bei Reparaturen, einem Fahrradverleih oder bei der Verpflegung der Gäste mitwirken. Das Hostel soll sich an Rucksacktouristen, Künstler*innen mit Auftritten in der Region oder auch Neu-Fuldaer*innen auf Wohnungssuche wie Studierende richten. Das Vorderhaus böte außerdem weiteren Platz für Werkstätten, Ateliers und Künstler*innen.
Eine weitere Idee: das Café „Filetstück“ (hier spielt die Bürgerinitiative ironisch auf eine Aussage über das Areal durch Investor Martin Geisendörfer an) könnte Hostelgäste und andere Besucher*innen mit einem saisonalen, regionalen und ökologischen Angebot verpflegen.
Den Innenhof möchte die BI L14 erhalten, da er der Dreh- und Angelpunkt der seit über zwanzig Jahren andauernden Belegung durch nachhaltige Projekte unter dem Dach der AWO ist. Im Innenhof selbst könnten neben Außenanlagen des Cafés Grünflächen und Kunstobjekte einen Platz finden.

Bürgerinitiative Langebrückenstraße 14 Fulda
Bürgerinitiiative Langebrückenstraße 14 Fulda
Caroline Krajcir führte die Technik des Siebdrucks vor. Diese kann man in der Siebdruckwerkstatt in der Langebrückenstraße 14 erlernen.

 

Sozialer Wohnungsbau


Auf dem leerstehenden Fabrikgelände könnten die Inverstoren Neubauten errichten. Diese sollten sich aber an der Umgebung orientieren und auch bürgernahe Service- und Dienstleister und Einrichtungen des täglichen Bedarfs beinhalten, fordert die BI L14.
Zielgruppe der Bewohner*innen sollten untere bis mittlere Einkommensschichten verschiedener Altersgruppen sein „mit generationsübergreifendem Wohnen und der Option auf gegenseitige Hilfestellung in Alltagsdingen“. Die Grünflächen könnten für Urban-Gardening und Kinderspielplätze genutzt werden.

Wer zahlt?


Wie soll das alles wirtschaftlich funktionieren? Die Stadt könnte Teilflächen kaufen und für die soziokulturelle Nutzung vergeben. Oder die Investoren sanieren Gebäude und vermieten diese anschließend an die Stadt oder direkt an die Initiativen - zu vergleichbaren Konditionen wie bisherig. Kleinere Sanierungs- und Umbaumaßnahmen können auch von den Handwerkern vor Ort selbst ausgeführt werden. Außerdem rät Elvira Schulenberg, die das Konzept vorstellte, öffentliche Förderprogramme oder Fördermittel gemeinnütziger Organisationen wahrzunehmen.
Einige Tage nach Vorstellung des Konzeptes wurde das Quartier Langebrückenstraße/Hinterburg in das Bund-/Länder-Förderprogramm „Stadtumbau in Hessen“ aufgenommen. „Dieses Signal der Hessischen Landesregierung ist für uns Ansporn, vor dem Hintergrund der nun in Aussicht stehenden Förderkulisse für das traditionsreiche Stadtareal eine neue städtebauliche Perspektive zu entwickeln, die im Sinne der dort Lebenden einen wirklich nachhaltigen Nutzen und Zugewinn an Lebens- und Wohnqualität entfaltet“, erklärte der Ful-daer Stadtbaurat Daniel Schreiner gegenüber Osthessen-News. „Wir nehmen Sie beim Wort“, schreibt die BI L14 auf ihrer Facebook-Seite.

 

Bürgerinitiative Langebrückenstraße 14 Fulda Heiko Wingenfeld
Auch der Fuldaer Oberbürgermeister Dr. Heiko Wingenfeld war zu Gast bei der Vorstellung des Konzepts.

Interessen vereinbaren


Die Vereine, Initiativen und Projekte vor Ort würden durch eine Verwirklichung der Ideen des Konzepts Planungssicherheit erhalten und ihre bisherige Zusammenarbeit fortführen können. Die Stadt Fulda könnte ihr Profil als inklusive Stadt stärken und „Vorreiter einer zukunftsweisenden Stadtgestaltung“ werden, wie die BI L14 ausführt. Für die Inverstoren würde ein derartiges Projekt mit sozialem und kulturellem Einschlag einen Imagegewinn bedeuten.
Wie geht es weiter? Bei der Vorstellung der Konzeptskizze sagten der Fuldaer Oberbürgermeister Dr. Heiko Wingenfeld und Investor Christopher Burg zu, dass die Ende Februar 2017 auslaufenden Mietverträge erst einmal verlängert würden. Das Konzept wird von der Bürger*innen-Initiative explizit als offenes Konzept und Basis für weitere Gespräche betrachtet, die sie mit Stadt und Investoren führen möchte. Auf jeden Fall wird die Zukunft des Areals nicht kurzfristig entschieden werden.

Informationen: Das Konzept und weitere Informationen zur BI L 14 finden sich auf ihrer Webseite: bi-l14.cafepanama.de

 

 

Text und Fotos: Markus Weber

erschienen im printzip, Ausgabe Oktober 2016

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Kommentare: 2
  • #1

    Dewey Magby (Freitag, 03 Februar 2017 07:23)


    It's nearly impossible to find well-informed people on this topic, but you sound like you know what you're talking about! Thanks

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