Die Bürger*innen-Initiative Langebrückenstraße 14 (BI L14, printzip berichtete in der September-Ausgabe) hat ein Konzept zur Zukunft des Areals in
Fulda erarbeitet. Dabei haben die Beteiligten versucht, sowohl das Interesse der über 20 Vereine und Projekte, die das Gelände zurzeit nutzen, zu wahren als auch Ideen für die neuen Investoren,
die das Areal im August gekauft haben, zu entwickeln.
Das Konzept sieht vor, sozialen Wohnungsbau und die vielfältigen Projekte aus den Bereichen Kultur, Food und Nachhaltigkeit unter einen Hut zu bekommen und Interessen miteinander zu verknüpfen,
um „ein ökologisch nachhaltiges, barrierefreies, interkulturelles und sozial integratives Quartier zu gestalten, das Wohn-, Geschäfts- und Lebensraum für alle Bevölkerungs- und
Einkommensschichten bietet“, wie es in dem Handout zum Konzept heißt.
Für die BI L14 und die verschiedenen Projekte vor Ort ist es das Kernanliegen, das Areal künftig weiter gemeinsam nutzen zu können. „Ich finde eine Gemeinschaft vor, die Freizeit, Kultur,
Sozialarbeit, Lebenshilfe praktiziert. Alles läuft ohne Vorschriften, unaufgeregt, vieles wird improvisiert. Resignation: nein! Prinzip: Nachbarschaftshilfe, Ideenreichtum! Fast alles wird auf
Basis von Eigeninitiative und Gemeinnützigkeit geleistet“, schildert Günter Pfeffer. Er betreibt seit drei Jahren auf dem Gelände eine Werkstatt und einen kleinen Laden für Möbel und
Alltagsdinge, um sich seine Rente aufzubessern.
Diese von gegenseitiger Hilfe geprägte Situation möchte die BI L14 wenn nur irgend möglich erhalten. Das Kino 35, das Café Panama sowie die Räume des Repair Cafés „Erneuer:Bar“, der Nähbar, des
Kleidertauschladens, der Siebsdruckwerkstatt und der Gelben Rübe sollen daher in ihrer bisherigen Nutzung erhalten bleiben, ebenso im anderen Teil des Gebäudekomplexes die Räume von Youropa mit
dem Underground.
Auf dem 7.500 qm großen Gelände könnte es aber künftig eine Mischnutzung geben mit Werkstätten und Ateliers, kulturellen und sozialen Projekten, neu gebauten Wirtschaftsflächen (Praxen, Büros,
Dienstleistungen) und neu zu schaffendem Wohnraum für untere bis mittlere Einkommensschichten sowie einem Hostel und einem Cafe. In dieser vielfältigen Nutzung würden Austausch unter den
Nutzer*innen und Mitgestaltungsmöglichkeiten für Bürger*innen erhalten bleiben, vielleicht gar noch stärker erfolgen.
Im zur Langebrückenstraße gelegenen Vorderhaus, das seit zwei Jahren leer- und unter Ensembleschutz steht, ist ein Nutzungsmix von Wohnen und Arbeiten vorgesehen. Die Projektgruppe der BI L14 hat
dabei die Idee eines Hostels mit dem Namen „Brückenschlag“ entwickelt. In einem Neubau in diesem Bereich könnte dieses von einem karitativen Träger betrieben werden. In dem Hostel soll es die
Möglichkeit zur Ausbildung und Qualifizierung für Geflüchtete, Langzeitsarbeitslose oder Behinderte geben. Auch sollen sie dort übernachten können. Es soll ein integrativer, inklusiver Betrieb
entstehen. Okologische Kriterien und Nachhaltigkeit würden beim Bau und bei der Einrichtung des Hostels (zum Beispiel mit mit Second-Hand-Möbeln und Recycletem) berücksichtigt.
Künstler*innen könnten bei der Einrichtung helfen, die ansässigen Werkstätten und Vereine bei Reparaturen, einem Fahrradverleih oder bei der Verpflegung der Gäste mitwirken. Das Hostel soll sich
an Rucksacktouristen, Künstler*innen mit Auftritten in der Region oder auch Neu-Fuldaer*innen auf Wohnungssuche wie Studierende richten. Das Vorderhaus böte außerdem weiteren Platz für
Werkstätten, Ateliers und Künstler*innen.
Eine weitere Idee: das Café „Filetstück“ (hier spielt die Bürgerinitiative ironisch auf eine Aussage über das Areal durch Investor Martin Geisendörfer an) könnte Hostelgäste und andere
Besucher*innen mit einem saisonalen, regionalen und ökologischen Angebot verpflegen.
Den Innenhof möchte die BI L14 erhalten, da er der Dreh- und Angelpunkt der seit über zwanzig Jahren andauernden Belegung durch nachhaltige Projekte unter dem Dach der AWO ist. Im Innenhof selbst
könnten neben Außenanlagen des Cafés Grünflächen und Kunstobjekte einen Platz finden.
Auf dem leerstehenden Fabrikgelände könnten die Inverstoren Neubauten errichten. Diese sollten sich aber an der Umgebung orientieren und auch bürgernahe Service- und Dienstleister und
Einrichtungen des täglichen Bedarfs beinhalten, fordert die BI L14.
Zielgruppe der Bewohner*innen sollten untere bis mittlere Einkommensschichten verschiedener Altersgruppen sein „mit generationsübergreifendem Wohnen und der Option auf gegenseitige Hilfestellung
in Alltagsdingen“. Die Grünflächen könnten für Urban-Gardening und Kinderspielplätze genutzt werden.
Wie soll das alles wirtschaftlich funktionieren? Die Stadt könnte Teilflächen kaufen und für die soziokulturelle Nutzung vergeben. Oder die Investoren sanieren Gebäude und vermieten diese
anschließend an die Stadt oder direkt an die Initiativen - zu vergleichbaren Konditionen wie bisherig. Kleinere Sanierungs- und Umbaumaßnahmen können auch von den Handwerkern vor Ort selbst
ausgeführt werden. Außerdem rät Elvira Schulenberg, die das Konzept vorstellte, öffentliche Förderprogramme oder Fördermittel gemeinnütziger Organisationen wahrzunehmen.
Einige Tage nach Vorstellung des Konzeptes wurde das Quartier Langebrückenstraße/Hinterburg in das Bund-/Länder-Förderprogramm „Stadtumbau in Hessen“ aufgenommen. „Dieses Signal der Hessischen
Landesregierung ist für uns Ansporn, vor dem Hintergrund der nun in Aussicht stehenden Förderkulisse für das traditionsreiche Stadtareal eine neue städtebauliche Perspektive zu entwickeln, die im
Sinne der dort Lebenden einen wirklich nachhaltigen Nutzen und Zugewinn an Lebens- und Wohnqualität entfaltet“, erklärte der Ful-daer Stadtbaurat Daniel Schreiner gegenüber Osthessen-News. „Wir
nehmen Sie beim Wort“, schreibt die BI L14 auf ihrer Facebook-Seite.
Die Vereine, Initiativen und Projekte vor Ort würden durch eine Verwirklichung der Ideen des Konzepts Planungssicherheit erhalten und ihre bisherige Zusammenarbeit fortführen können. Die Stadt
Fulda könnte ihr Profil als inklusive Stadt stärken und „Vorreiter einer zukunftsweisenden Stadtgestaltung“ werden, wie die BI L14 ausführt. Für die Inverstoren würde ein derartiges Projekt mit
sozialem und kulturellem Einschlag einen Imagegewinn bedeuten.
Wie geht es weiter? Bei der Vorstellung der Konzeptskizze sagten der Fuldaer Oberbürgermeister Dr. Heiko Wingenfeld und Investor Christopher Burg zu, dass die Ende Februar 2017 auslaufenden
Mietverträge erst einmal verlängert würden. Das Konzept wird von der Bürger*innen-Initiative explizit als offenes Konzept und Basis für weitere Gespräche betrachtet, die sie mit Stadt und
Investoren führen möchte. Auf jeden Fall wird die Zukunft des Areals nicht kurzfristig entschieden werden.
Informationen: Das Konzept und weitere Informationen zur BI L 14 finden sich auf ihrer Webseite: bi-l14.cafepanama.de
Text und Fotos: Markus Weber
erschienen im printzip, Ausgabe Oktober 2016
Kommentar schreiben
Dewey Magby (Freitag, 03 Februar 2017 07:23)
It's nearly impossible to find well-informed people on this topic, but you sound like you know what you're talking about! Thanks
Johnathan Maggio (Sonntag, 05 Februar 2017 20:27)
Greate pieces. Keep posting such kind of information on your page. Im really impressed by your blog.
Hey there, You've performed an excellent job. I will definitely digg it and personally recommend to my friends. I'm confident they will be benefited from this web site.