Doch die Idee des „Wohnzimmers“ die vor etwa einem Jahr bei einer Jahresversammlung unserer Initiative „Welcome In“ geboren wurde, scheint zu zünden: Viele Asylsuchende und Fuldaer zeigen große
Begeisterung für das Projekt, kommen in beständig wachsenden Zahlen zu den „Wohnzimmer“-Teamtreffen und bringen enorm viel Energie und Zeit auf, um das Projekt gemeinsam zu realisieren. Langsam,
aber deutlich sichtbar, gehen einige unserer ambitionierten Ziele bereits jetzt in Erfüllung: Wer Fluchterfahrung hat und wer nicht spielt kaum mehr eine Rolle. Es entstehen Freundschaften. Es
werden erste gemeinsame Wohngemeinschaften gegründet. Einige der Aktiven mit Fluchterfahrung haben Jobs gefunden und die Sprachkenntnisse sowohl der deutschen Ehrenamtlichen (z.B. Arabisch) als
auch die der internationalen (Deutsch) verbessern sich zusehends, auch durch das alltägliche Beisammensein.
Unsere gemeinsamen Aktivitäten gehen dabei weit über die Planung der Raumeinrichtung hinaus. Im Kulturkeller haben wir kürzlich eine gemeinsame Wohnzimmer-Soliparty organisiert, die sowohl von
Asylsuchenden als auch von Fuldaern derart gut besucht wurde, dass wir schon kurz vor ein Uhr die Pforten des altehrwürdigen „Neidclubs“ vorübergehend wegen Überfüllung schließen mussten. In
harmonischer und euphorischer Stimmung wurde gemeinsam ein Fest gefeiert, dessen großartiger Verlauf so manchen Ehrenamtlichen, die sich seit über einem Jahr mit viel Herz und Seele für das
Projekt einsetzen, die Freudentränen in die Augen trieb.
Hier wächst eine friedliche und weltoffene Bewegung heran, die mit viel Freude und Leidenschaft konkrete Lösungen für gesamtgesellschaftliche Herausforderungen zu finden scheint, die durch die
sogenannte „Flüchtlingskrise“ entstanden sind. Das Herz des Projekts liegt in der gleichberechtigten Teilhabe. Hier wird kein Raum von „den Deutschen“, für „die Flüchtlinge“ eingerichtet“,
sondern hier wird sich gemeinsam für ein harmonisches Miteinander in Fulda eingesetzt. Das äußert sich auch darin, dass man sich solidarisch füreinander einsetzt. So organisierten wir einen
gemeinsamen Besuch der Demonstration „Afghanistan is not safe – Stop deportations“ am 19.11. in Frankfurt. Knapp 70 Teilnehmer*innen, wiederum bunt zusammengesetzt aus Menschen mit und ohne
Fluchterfahrung, folgten unserem Aufruf und nahmen an dem friedlichen Protest teil. Durch derartige, gemeinschaftliche Aktionen entstehen soziale Bindungen und ein gemeinsames soziales Netzwerk,
was die Traumvorstellung für Viele darstellt, die sich mit dem Thema „Integration“ beschäftigen.
All dies passiert wohlgemerkt, ohne dass das „Wohnzimmer“ überhaupt eröffnet hätte. Uns schwebt vor, genau diese sozialen Prozesse in dem künftigen Begegnungs- und Multifunktionsraum systematisch
zu fördern. Durch gemeinsames Musizieren, Sprachelernen, Kickern, Filmeschauen, Kochen und vielem mehr sollen sich die neuen und die alten Bürger*innen Fuldas in entspannter und angenehmer,
unkommerzieller Atmosphäre kennenlernen und gegenseitig unterstützen können. Ergänzt wird das Angebot durch regelmäßige Veranstaltungen wie Vorträge, Ausstellungen, Konzerte oder ähnlichem. Das
„Wohnzimmer“ wird Allen offen stehen und wir hoffen, dass sich noch viele neue Interessierte unserer Bewegung anschließen. Wir arbeiten intensiv an der Einrichtung der Räume und hoffen, noch in
diesem Winter eröffnen zu können.
All das zu organisieren hat bereits viele tausend Stunden ehrenamtlichen Engagements gekostet. Schließlich verfügt das „Wohnzimmer“ bislang nur über eine halbe Stelle für die Projektkoordination,
die bereits nach wenigen Planungswochen von der evangelischen Lutherkirche geschaffen wurde. Bis Ende März läuft diese Anschubfinanzierung derzeit noch. Eine Verlängerung und Ausweitung dieser
Stelle ist für uns von vitaler Bedeutung, und wir hoffen dafür auf weitere Unterstützung aus der Region.
Wir sind überzeugt davon, dass das „Wohnzimmer“ über ein enormes Potenzial verfügt. Um das langfristig auch ausschöpfen zu können verfolgen wir das Ziel, wichtige Positionen in der Gruppe mit
halben oder ganzen Stellen auszustatten. Verwaltung, Raummanagement, Öffentlichkeitsarbeit und die Veranstaltungsplanung sind schließlich sehr zeitaufwändig und könnten durch hauptamtliche
Angestellte deutlich optimiert werden. Vieles ist ehrenamtlich machbar, das haben wir bewiesen, aber auf Dauer eben nicht alles. Um auch diese nächsten, wichtigen Schritte realisieren zu können
sind wir offen für Kooperationen und bitten alle Interessierten, auf uns zuzugehen.
Auf www.wohnzimmer-fulda.de finden sich viele weitere Informationen.
Auf www.facebook.com/WelcomeInWohnzimmer verkündet die Initiative regelmäßige Planungsfortschritte.
Über die E-Mail-Adresse info@wohnzimmer-fulda.de kann Kontakt zur Planungsgruppe aufgenommen werden.
Das Wohnzimmer hat ein eigenes Spendenkonto:
DE52 5306 0180 0100 6197 44
(VR-Bank Fulda)
Durch den Anschluss an den gemeinnützigen Förderverein Kultur & Umweltbildung e.V. als Projektträger können Spendenquittungen ausgestellt werden.
erschienen im printzip, Ausgabe 12/2016
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