Horst Janson glänzt in der Bühnenfassung von Ernest Hemingways weltberühmter Novelle bei den Bad Hersfelder Festspielen 2018.
Für Horst Janson ist der alte Fischer Santiago eine wirkliche Paraderolle. Seit 84 Tagen hat der alte Mann keinen Fisch mehr gefangen. Als endlich einer anbeißt - und dann auch noch der größte Fisch, den er je gesehen hat - nimmt der alte Fischer unermüdlich den Kampf mit ihm auf, nur um am Ende den Großteil des Fischfleisches an Haie zu verlieren. Sowohl die körperliche Verfassung von Santiago - der zwar noch rüstig ist, aber seine schwächer werdenden Kräfte beklagt -, seine Persönlichkeit und seine Emotionen - freudig, verzweifelt, aber nie resigniert, sondern stets kampfesmutig - als auch seine Ansichten und Überlegungen vermag Janson glänzend darzustellen.
Die Theaterfassung von Jens Hasselmann, der auch im Schloss Eichhof Regie führt und außerdem als Gitarrist mitwirkt, war die erste überhaupt. Er hatte die Erben Hemingways überzeugt, die Geschichte auf die Bühne zu bringen. 2010 wurde das Stück mit Horst Janson in der Titelrolle auf Rügen uraufgeführt.
Sicherlich ist es schwer, eine Novelle, in der die meiste Zeit nur eine Person agiert, für das Theater zu adaptieren. Bei anderen vergleichbaren Versuchen ist es oft so, dass vieles von der Vorlage verloren geht, da nur Handlung und Gesprochenes übernommen werden und die Erzählerebene weggelassen wird. Einen anderen Weg geht diese Fassung: Sie baut eine Erzählerin ein, die Passagen der Vorlage spricht. Dadurch wird das Stück zwar weniger szenisch oder "theatralisch", doch auf jeden Fall tiefgründiger. Insgesamt ist es eine gute Entscheidung.
Eine gute Entscheidung ist auch die Besetzung: Marie-Luise Gunst kann nicht nur singen, sie ist die geborenen Erzählerin mit einer ausdrucksstarken Stimme. Sie spielt außerdem eine Barfrau und ist Sängerin einiger Lieder, die für die Bühnenfassung von Hasselmann geschrieben wurden.
Ob es die Lieder gebraucht hätte, ist musikalisch wohl Geschmackssache. Inhaltlich kommen sie auf jeden Fall nicht an die Gedankenwelt der Novelle heran, für die Hemingway schließlich den Pulitzer-Preis verliehen bekam und die in der Begründung für die Verleihung des Nobel-Preises für Literatur an ihn erwähnt wurde. Fast möchte man sagen, man fühlt in ihnen buchstäblich das Niveau sinken (wenn auch nicht auf den Grund des Meeres) oder: sie fischen ein wenig im Trüben. Die Live-Band macht mit der musikalischen Begleitung aber ansonsten die Sache gut
Romeo Hinkel hatte bei der Premiere als Manolo, der den alten Mann versorgt und manchmal mit ihm auf Fischfang geht, eine für sein Alter große Bühnenpräsenz. Bei manchen der Aufführungen im Eichhof wird die Rolle auch von Jonathan Trümner gespielt.
Viel Budenzauber muss bei einer solchen Inszenierung nicht erwartet werden. Wenn Horst Janson mit dem Schwertfisch und mit den Haien ringt, so glaubt man ihm das auch, wenn diese gar nicht auf der Bühne vorhanden sind. Es gibt die Hütte des alten Mannes, eine kleine Bar und natürlich das Boot. Das Meer mit Plastikflaschen dargestellt, die manchmal farbig beleuchtet werden - wobei vielleicht noch mehr Effekte hätten herausgeholt werden können.
Der alte Mann und das Meer war die letzte Premiere der Festspielsaison 2018, die vom Publikum mit wohlwollenden Standing Ovations bedacht wurde.
Einziger Wermutstropfen: Leider die Vorstellungen alle ausverkauft. Da bleibt nur zu hoffen, dass es 2019 noch einmal aufgeführt wird - die Entscheidung ist noch nicht getroffen.
Infos: https://www.bad-hersfelder-festspiele.de/spielplan/der-alte-mann-und-das-meer.html
Text & Fotos: Markus Weber