Peer Gynt

Die Inszenierung von „Peer Gynt“ durch Robert Schuster will vor allem dem Feuilleton gefallen. Sie sprudelt über vor aktuellen Anspielungen – allerdings ist es manchmal zu viel des Guten.

Das Stück aus dem 19. Jahrhundert wurde der heutigen Zeit angepasst, was oft erstaunlich gut funktioniert. Dass die norwegischen Trolle nun Internet-Trolle sind, ist eine witzige und gut umgesetzte Idee. Auch Facebook und Twitter oder Fake News fügen sich passend in die Grundbotschaften ein. Wenn aber Anspielungen auf Donald Trump dazukommen oder aus Peer Gynts norwegischer Jugendliebe Solvejg eine Flüchtlingsfrau wird, die fast nur Englisch oder Afghanisch spricht, so fragt sich doch, ob hier nicht etwas verkrampft versucht wurde, dem Zeitgeist hinterherzurennen.

Zuschauer*innen, die nicht zumindest in Grundzügen mit Inhalten und Motiven von Henrik Ibsens Peer Gynt vertraut sind, werden Probleme haben, der bruchstückhaften Inszenierung zu folgen, die kaum einen konsistenten Handlungsstrang ermöglicht. Eingestreute Rückblenden und Doppelbesetzungen tragen ihr Übriges zur Verwirrung bei. Dass versucht wird, das Publikum durch eine Animateusen-Mitmach-Nummer oder einige flache Gags mitzunehmen, wirkt etwas wohlfeil.

Die Hauptfigur bleibt etwas konturlos, auch wenn Christian Nickel gewohnt souverän spielt. Hätte man nicht beispielsweise den Mut aufbringen können, Gynt konsequenter als opportunistischen, verlogenen Karrieristen darzustellen? Der junge Peer wird von einer Puppe verkörpert (geführt und gesprochen von Gloria Iberl-Thieme), und tatsächlich sind diese Szenen, vielleicht entgegen der Erwartung, die ernsthaftesten der ganzen Aufführung. Ansonsten unterhält Corinna Pohlmann als schrullige Trollfrau, Andreas Schmidt-Schaller und Claude-Oliver Rudolph spielen ordentlich, André Hennicke und Pierre Sanoussi-Bliss wirken meist eher als Beiwerk auf der Bühne. Weniger überzeugen können Nina Petri und Anouschka Renzi, die in allerlei Rollen immer gleichsam gekünstelt spielt.

Die Video-Leinwände fügen sich deutlich besser als in den vergangenen Spielzeiten ein. So hängt etwa der Oberkörper der Schauspieler in einer Szene auf dem Meer oben, der Unterkörper im Wasser (oder der untergehende Schauspieler) wird auf der Leinwand gezeigt. Positiv hervorzuheben ist auch die Musik von Jörg Gollasch.

Peer Gynt liefert Denkanstöße in einem modernen Theater-Setting, dem es nicht an neuen Ideen mangelt. Wer aber einfach einen entspannten Abend haben will, hat bei den Festspielen noch einige andere Stücke zur Auswahl, von denen sicherlich keines flach und anspruchslos ist, bei denen jedoch die Zugänglichkeit der Kunst gewahrt bleibt.

Der Applaus bei der Erstaufführung war zwar wohlwollend, aber keineswegs überschwänglich, mit nur wenigen stehenden Ovationen.

 

Infos: https://www.bad-hersfelder-festspiele.de/spielplan/peer-gynt.html

 

 

Text: Markus Weber

Fotos: Timo Schadt & Markus Weber

in36.de

 

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